Kreuzberg, am Engelbecken
KreuzbergEs war eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts gab es erste Überlegungen, einen Kanal durch die Luisenstadt zu bauen, um den Landwehrkanal mit der Spree zu verbinden. Im Revolutionsjahr 1848 begannen die Erdarbeiten. Viele Arbeitslose fanden dabei Beschäftigung, die Unzufriedenheit brach sich aber schon im Oktober wieder Bahn, als eine Dampfmaschine zum Einsatz kommen sollte. Die Kanalarbeiter zerstörten das Gerät, von dem sie glaubten, es würde ihnen den Arbeitsplatz wegnehmen. Bei den folgenden Auseinandersetzungen kamen elf Menschen zu Tode, das preußische Militär marschierte auf.
Der Kanal, zwanzig Meter breit und zwei Meter tief, sollte gleich mehrere Zwecke erfüllen. Zum einen sollte er bei der Entwässerung des Köpenicker Feldes helfen, das mit Wohnungen und Gewerbe bebaut werden sollte. Er sollte das Abwasser aus den Rinnsteinen aufnehmen. Und er sollte den Transport von Baumaterialien erleichtern und die Gewerbebetriebe anbinden.
Der Luisenstädtische Kanal wurde 1850 fertig, die Uferstraßen wurden in den kommenden Jahren bepflanzt. Er führte vom Urbanhafen am Landwehrkanal in gerader Linie in Richtung Spree, um dann am Ende des heutigen Leuschnerdamms in einem Bogen hinter dem gerade entstehenden Bethanien-Krankenhaus vorbei zur Schillingbrücke zu führen.
Zwei Wasserbecken wurden angelegt, ein größeres dort, wo der Kanal zur Spree abknickte. Am Rande dieses Beckens wurde 1861 nach fast zehnjähriger Bauzeit die zweite katholische Kirche Berlins eingeweiht. Sie wurde nach dem Erzengel Michael, Bezwinger des Satans und Schutzheiliger des Ostfrankenreichs, St.-Michael-Kirche genannt und diente anfangs als Garnisonskirche. Ein Engel über dem Hauptportal führte dazu, dass dem Wasserbecken der Name Engelbecken gegeben wurde. Der prachtvolle Bau des Architekten A. Soller, im 2. Weltkrieg zerstört und nach dem Krieg auf östlicher Seite direkt an der Mauer gelegen, orientierte sich an der oberitalienischen Renaissance.
Die Kirche wurde im Februar 1945 von Bomben getroffen, das Längsschiff wurde nicht wieder aufgebaut. Die Grenzlage führte zur Teilung der Gemeinde.
Der Kanal erfüllte die Erwartungen nicht. Das geringe Gefälle ließ das Wasser nur wenig fließen, was zur Geruchsbelästigung führte. Die Kähne hatten Mühe, vom Engelbecken aus in den bogenförmigen Teil des Kanals abzubiegen. Und letztlich ging nach der Fertigstellung der Mietskasernen im Südosten der Luisenstadt der Bedarf an Baumaterialien zurück. 1926 wurde der Kanal zugeschüttet, an seiner Stelle wurde nach Plänen des Berliner Gartenbaudirektors Erwin Barth ein tiefer gelegener Grünzug angelegt. Die Idee, am Engelbecken eine Badeanstalt anzulegen, scheiterte am Widerstand der Kirchengemeinde, die sich ein solches Treiben vor den Kirchentoren nicht bieten lassen wollte.
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